Durch einen Rentenverzicht finanzielle Vorteile erreichen

Statt einer Altersrente als Vollrente, also 100 Prozent einer möglichen Höhe, kann bei einem Rentenantrag auch eine Teilrente beantragt werden. Die Wunschhöhe kann zwischen 10 und 99,9 Prozent der Rente betragen (siehe auch Bayrisches Landessozialgericht vom 14.09.2021 AZ: L 6 R 1991/12). Die Rechtsgrundlage befindet sich im § 42 SGB VI. Ein formloser Antrag auf eine Teilrente genügt.

Bei einer Teilrente (oder auch Flexirente) handelt es sich nicht um eine neue Rentenart, sondern die beantragte Rente wird lediglich nur zum Teil ausgezahlt. Es muss sich allerdings um eine Altersrente handeln, wie die Rente für langjährig Versicherte, Rente für schwerbehinderte Menschen oder die Regelaltersrente. Eine Rente wegen Erwerbsminderung kann nicht als Teilrente beantragt werden. 

1) Durch eine Teilrente neue Rentenansprüche aus einer Pflegetätigkeit erhalten

Wer Angehörige pflegt, erhält zusätzliche Rentenpunkte von der Pflegekasse ins Rentenkonto gutgeschrieben. Das gilt nicht für pflegende Angehörige, die eine Vollrente, also eine volle Rente erhalten. Dieser Personenkreis gilt als versicherungsfrei und kann daher auch als pflegende Person nicht versicherungspflichtig werden. Wer nun von der Vollrente zur Teilrente wechselt oder von Anfang an nur eine Teilrente beantragt, wird automatisch versicherungspflichtig und die Pflegekasse zahlt einen Rentenbeitrag, der Pflegende zahlt nichts. Die Teilrente kann dabei 99,9 Prozent sein – die Pflegekasse zahlt trotzdem den vollen Beitrag und die Rente steigt. Voraussetzung ist, dass es sich um

  • keine erwerbsmäßige Pflege handelt
  • der Pflegegrad der zu pflegenden Person ist mindestens zwei oder mehr und wurde vom MDK festgestellt
  • der Pflegende arbeitet zusätzlich nicht mehr als 30 Stunden pro Woche
  • der Mindestpflegeaufwand beträgt 10 Stunden pro Woche
  • der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthaltsort ist Deutschland, im Europ. Wirtschaftsraum oder in der Schweiz

Die Zusatzrente beträgt für ein Jahr Pflege je nach zeitlichem Aufwand und Pflegegrad der zu pflegenden Person zwischen rund 6,50 Euro und 35 Euro Rente pro Monat.

Auch Erwerbsminderungsrentner, die Pflegedienste erbringen, erhalten diese zusätzlichen Rentenpunkte.

2) Wechsel von der privaten Krankenversicherung in die gesetzliche Krankenversicherung

Privat Krankenversicherte, die über einen Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung nachdenken, könnten hier einen Weg finden, wieder zurück in eine (ggf. preiswertere) gesetzliche Krankenkasse zu wechseln. Ist allerdings die magische Altersgrenze von 55 Jahren erreicht, ist dieser Weg im Normalfall versperrt. Einzelheiten im Text

Zurück in die gesetzliche Krankenversicherung

oder sehr ausführlich im Buch

Zurück in die gesetzliche Krankenversicherung – ein Wechsel sollte wohlüberlegt sein

Nicht versperrt bleibt der Weg bei einer vorhandenen Familienversicherung. Hier gilt die 55-Jahres-Grenze nicht. Wer einen gesetzlich versicherten Ehe- oder offiziellen Lebenspartner vorweisen kann, kann dem Grund nach im Alter bei dem Partner familienversichert sein bzw. bleiben. Voraussetzungen sind allerdings

  • die Voraussetzungen für die Pflichtkrankenversicherung der Rentner werden nicht erfüllt
  • es liegt keine hauptberufliche Selbstständigkeit vor und
  • das eigene monatliche Gesamteinkommen liegt unterhalb von 485 Euro (für 2023) bzw. 505 Euro für 2024

Wird nun ein eigener Rentenanspruch in Anspruch genommen, wäre ggf. eine Teilrente sinnvoll, wenn dadurch die Familienversicherung bei der Krankenversicherung noch greifen könnte. Dabei ist natürlich genau zu prüfen, dass die Höchstgrenze „Gesamteinkommen“ nicht überschritten wird. Zum Gesamteinkommen zählen alle Einkommen, wie die eigene Rente, Betriebsrenten, Kapitaleinkünfte, Mieteinkünfte usw. Der letzte Einkommensteuerbescheid sollte als Überlegungs-Grundlage dienen.

3) Rente erhöhen durch freiwillige Beiträge

Wird eine Altersvollrente (Regelaltersrente) bezogen, entfällt die Versicherungspflicht für Beiträge ins eigene Rentenkonto – auch die Zahlung von freiwilligen Beiträgen ist nicht mehr möglich.

Wird nun nur eine Teilrente bezogen, ist eine Zahlung bzw. Weiterzahlung von freiwilligen Beiträgen möglich. Im Jahre 2024 kann zwischen dem Mindestbeitrag von 100,07 Euro und dem Höchstbetrag von 1.404,30 Euro im Monat jeder Betrag gewählt werden. Wird zum Beispiel ein Jahr der Höchstbeitrag gezahlt, erhöht sich die Rente um rund 80 Euro pro Monat – ein Leben lang. Die Zahlungshöhe hat Auswirkungen auf den Ertrag, auf die zu erwartende Rentenerhöhung. Erworben werden durch Zahlungen ins Rentenkonto sog. Rentenpunkte. Der Wert des Rentenpunktes orientiert sich am Durchschnittsverdienst. Wir zum Beispiel der „Durchschnitt“ in einem sozialversicherungspflichtigem Beschäftigungsverhältnis verdient, so erhält man 1,0 Rentenpunkte. Wie hoch die Investition mit freiwilligen Beiträgen zurzeit für einen Rentenpunkt ist, kann im Rechner nachgesehen werden:

Investition in den Rentenpunkt

Hier ist auch zu beachten, dass (zusätzliche) Beiträge steuermindernd sein können. Rentenversicherungsbeiträge für das eigene Rentenkonto können steuermindernd geltend gemacht werden, also die Steuerlast senken. Einzahlungen von Rentenversicherungsbeiträgen sind Altersvorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG). Weitere Einzelheiten im Artikel

Steuern mindern und Rente erhöhen

4) Rente erhöhen durch Verschiebung der Zahlung

Wird angestrebt, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen, werden diese Renten häufig mit Abschlägen belegt. Diese Abschläge gelten das ganze restliche Leben. Nun wäre zu überlegen, ob auch eine Teilrente auskömmlich sein könnte. Die Auszahlung der restlichen Rente somit auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.

Je später der Rest der Rente in Anspruch genommen wird, desto höher wird diese Rente. Zum Einen werden die Abschläge immer geringer (je 0,3 Prozent je Monat) und ggf. können auch weitere Zahlungen ins eigene Rentenkonto erfolgen (zum Beispiel durch Weiterarbeit). Welche Rentenart für den jeweiligen Versicherten maßgeblich ist, wird in der Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung erläutert. Umfangreiche Erläuterungen im Buch

Rentenauskunft richtig verstehen

Daneben können im Rentenbeginn bzw. Rentenerhöhungs-Rechner der Deutschen Rentenversicherung mit einigen wenigen Daten geprüft werden, welche Rentenart möglich wäre und mit welchen Abschlägen:

Rentenrechner

Eine weitere Erhöhung könnte verbucht werden, wenn die Rest-Rente über die Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen wird. Diese Rest-Rente erhöht sich dann um 0,5 Prozent je Monat.

5) Anspruch auf Krankengeld, Arbeitslosengeld und Kurzarbeitergeld

Wird eine Vollrente bezogen und zusätzlich eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen, kann durch die Zahlung von eigenen Rentenversicherungsbeiträgen ins Rentenkonto die Rente erhöht werden – der Arbeitgeber zahlt wie vorher die Hälfte. Für die Möglichkeit der eigenen Beitragszahlung muss der Altersvollrente auf die Versicherungsfreiheit bei der Rentenversicherung verzichten (Antrag beim Arbeitgeber für die Lohnbuchhaltung).

Ein Altersvollrentner zahlt nur einen ermäßigten Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung. Das hat den Effekt, dass kein Anspruch auf Krankengeld gegenüber der Krankenkasse besteht. Bei dem Bezug einer Teilrente wird diese Vorgehensweise durchbrochen. Der Rentenbezieher muss dann allerdings den vollen Beitrag zur Krankenversicherung zahlen.

Ein Altersvollrentner ist versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung. Demzufolge kann auch kein Arbeitslosengeld gezahlt werden (offiziell „ruht“ der Anspruch). Nun gilt hier der § 156 SGB III. Denn bei einer Altersteilrente wird das Arbeitslosengeld bis zum Ende des dritten Kalendermonats gezahlt, wenn die Teilrente mindestens sechs Monate parallel zur Beschäftigung vorlag.

Ein mögliches Kurzarbeitergeld ruht ebenfalls und wird deshalb für Altersvollrentner nicht gezahlt (§ 107 SGB III). Reduziert der Altersvollrentner auf eine Teilrente, wird Kurzarbeitergeld in voller Höhe fällig.

6) Beamtengatte bzw. Beamtengattin und die Beihilfe

Die Beihilfe im öffentlichen Dienst ist ein eigenständiges Krankenversicherungssystem für die Beamten und Richter. Leistungen des Beihilfesystems werden grundsätzlich als Kostenerstattungen organisiert. Der Beihilfesatz beträgt zwischen 50 und 80 Prozent der Kosten.

Ehe- bzw. Lebenspartner sind in diesem System berücksichtigt, solange diese nicht selbst versichert sind und darüber hinaus nicht selbst einen finanziellen Betrag erhalten. Eine eigene Krankenversicherung ist immer vorrangig. Der Höchstbetrag für Einkünfte, wie Rentenzahlungen, Miet- oder Zinseinkünfte beträgt im Jahre 2024 insgesamt 20.878 Euro. Hier gilt zu prüfen, ob es möglich ist, durch die Verringerung einer Vollrente auf eine Teilrente, das Beihilfesystem aufrecht erhalten werden kann und die zusätzliche Beihilfe zum Verhältnis der Vollrente/Teilrente rechnen.

7) Achtung bei Betriebsrenten – ein möglicher Nachteil droht

Bevor eine Teilrente in Anspruch genommen wird, sollte der zuständige Betriebsrententräger kontaktiert werden. In vielen Fällen gilt, dass erst bei Zahlung einer Vollrente auch die Betriebsrente zur Auszahlung gelangt. Bei Zahlung einer Teilrente kann es also durchaus sein, dass die Betriebsrente nicht gezahlt wird.

So wird bei der VBL (Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder – Anstalt des öffentlichen Rechts) explizit darauf hingewiesen, dass der Bezug einer Teilrente keinen „Versicherungsfall“ ausgelöst. Im Ergebnis wird bei der VBL keine Rente gezahlt, wenn nicht auch von der Deutschen Rentenversicherung eine Vollrente in Anspruch genommen wird.

Im Grunde genommen müssen beim Bezug einer Betriebsrente häufig folgende Voraussetzungen erfüllt werden (Beispiel):

  • Erfüllung einer Wartezeit
  • Bezug einer gesetzlichen Rente als Vollrente oder
  • Bezug einer Erwerbsminderungsrente oder
  • Bezug einer Hinterbliebenenrente

In jedem Falle ist zu empfehlen, vor der Entscheidung Vollrente oder Teilrente von der Deutschen Rentenversicherung den zuständigen Versorgungsträger für die betriebliche Altersvorsorge anzusprechen.