Reha bescheinigt „voll“ erwerbsfähig
Bei einer langen Krankheit greift zunächst die Lohnfortzahlung (falls ein Arbeitgeber vorhanden ist), dann das Krankengeld und ggf. auch das Arbeitslosengeld (Nahtlosigkeitsregelung).
Grundsätzlich wird von der Deutschen Rentenversicherung stets zuerst geprüft, ob Maßnahmen greifen könnten, um eine Erwerbsminderung abzuwenden. Dies geschieht u.a. durch eine Rehabilitationsmaßnahme – denn es gilt der Grundsatz:
Reha vor Rente.
Nach Abschluss der Reha kann der Versicherte die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung (Gutachten) der Reha-Klinik anfordern.
Leistungsbeurteilung der Rehaeinrichtung
In diesem Gutachten wird im Einzelnen beurteilt, welche Diagnosen gestellt wurden und mit welchem Schweregrad diese einen Einfluss auf die Gesundheit (und damit auf die Leistungsfähigkeit) haben können. Insbesondere die Seite mit den Angaben zur Beurteilung des zeitlichen Umfanges spielen eine entscheidende Rolle. Meist auf Seite 1 oder Seite 2 sind mehrere Kreuze zu finden, die wie folgt eine Einschätzung vornehmen:
„Letzte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung“
- 6 Stunden und mehr (man ist „voll“ erwerbsfähig)
- 3 bis unter 6 Stunden (man ist „teilweise“ erwerbsfähig)
- unter 3 Stunden (nicht erwerbsfähig)
Diese Einschätzung bezieht sich auf die letzte Beschäftigung, also auf den Beruf. Allerdings erhalten Versicherte nur noch als „Altfall“ hier ggf. eine Rente (geboren vor 1961). Dieser Jahrgang kann im Allgemeinen schon mit einer anderen Rente (zum Beispiel Rente für langjährig Versicherte) die Berufstätigkeit beenden. Den schweren Weg bis zu einer Erwerbsminderungsrente durchzuhalten, macht hier häufig keinen Sinn mehr.
Der zweite Absatz „Positives und negatives Leistungsbild“ ist daher ausschlaggebend für alle, die jünger sind. Neben möglichen Kreuzchen, die sich in Kästchen finden lassen, wie „Arbeitshaltung“ – also Einschränkungen bedeuten, ist der untere Teil von besonderer Bedeutung. Hier finden sich wieder die Aufstellungen, wie
- 6 Stunden und mehr (man ist „voll“ erwerbsfähig)
- 3 bis unter 6 Stunden (man ist „teilweise“ erwerbsfähig)
- unter 3 Stunden (nicht erwerbsfähig)
Nur in diesem Teil handelt es sich um die Einschätzung auf dem „allgemeinen Arbeitsmarkt“ (also wird jede Tätigkeit herangezogen, die sich auf dem Arbeitsmarkt finden lässt). Wird hier festgestellt, dass 6 Stunden und mehr die Arbeitsfähigkeit besteht, ist eine Erwerbsfähigkeit gegeben. Eine Erwerbsminderungsrente rückt mit diesem Gutachten erst einmal in weite Ferne.
Krank, aber immer noch „voll“ erwerbsfähig
Auch, wenn in den weiteren Ausführungen im Gutachten erläutert wird, dass eine Krankheit besteht und der Versicherte „nicht arbeitsfähig“ entlassen wird, bleibt es bei der Grundbegutachtung „voll erwerbsfähig“. Hintergrund ist, dass die Rehaklinik die Auffassung vertritt, das für die Zukunft durchaus eine Gesundung stattfinden kann. Hier ist somit die Prognose „positiv“ im Sinne der Arbeitsfähigkeit. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass zwar in den nächsten Monaten die Krankheit noch besteht, aber die Prognose besagt, dass innerhalb der nächsten Monaten der Versicherte wieder gesund werden kann. Für eine Erwerbsminderungsrente muss die Prognose allerdings besagen, dass „mehr als sechs Monate“ die Krankheit bzw. die Erwerbsunfähigkeit vorliegt, um ggf. eine Erwerbsminderung zu erhalten.
Gegenmaßnahmen
Gegen ein Gutachten einer Rehaklinik ist kein Widerspruch zulässig. Das Gutachten der Rehaklinik „voll erwerbsfähig“ lässt sich nur durch andere Gutachten (von Fachärzten) widerlegen oder auch, wenn nach sechs Monaten immer noch diese Krankheit vorliegt und diese, gestützt durch Gutachten von Fachärzten, auch in den nächsten (sechs) Monaten nicht ausgeheilt sein wird.
Es geht also stets darum, wie schwer die Krankheit einen Einfluss auf die Erwerbsfähigkeit nimmt UND wie lange diese Erwerbsunfähigkeit vorhanden sein wird.
Umfangreiche Erläuterungen im aktuellen Buch:
Erwerbsminderungsrente bei psychischen Krankheiten
oder der lange Weg bis zur Rente mit dem Buch:
Finanzielle Sicherheit bei langer Krankheit